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PIA tritt mit ehrgeizigem Zeitplan an

Seit Dezember 2015 können Anbieter von Riester- und Rürup-Renten bei der Produktinformationsstelle Altersvorsorge (PIA) eine Chancen-Risiko-Klassifizierung beantragen.

Das DIA sprach aus diesem Anlass mit PIA-Geschäftsführerin Dr. Melissa Cigdem Ruby über den Start der Produktinformationsstelle und die geplanten Etappen im Jahr 2016.

Führen Sie bereits eine Warteliste oder lassen sich die Unternehmen Zeit mit den Anträgen?

Wir haben mit den eingehenden Anträgen schon alle Hände voll zu tun. Das liegt sicherlich auch daran, dass wir den Produktanbietern versprochen haben, für alle Anträge, die bis Ende 2015 bei uns eingehen, spätestens bis Ende Juli 2016 die Klassifizierungen mitzuteilen. Daher haben sich viele Unternehmen mit der Antragstellung beeilt.

Die Gründung der PIA erfolgte Anfang Oktober vergangenen Jahres. Seitdem ist noch nicht allzu viel Zeit ins Land gezogen. Haben Sie dennoch schon eine klare Vorstellung, wie Sie bei der Chancen-Risiko-Klassifizierung vorgehen?

Da in der Ausschreibung der Produktinformationsstelle durch das Bundesministerium der Finanzen bereits ein detailliertes Konzept für die Klassifizierung vorgelegt werden musste, haben wir bei der Gründung im Oktober nicht am Punkt Null angefangen. Parallel zu den nötigen organisatorischen Vorkehrungen laufen bereits die Forschungsarbeiten am Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik, das von uns beauftragt worden ist. Das Institut verfügt bereits seit Jahren über eine Software für die Simulation von Kapitalmarktszenarien. Diese Software muss lediglich für die Klassifizierungen überarbeitet werden.

Ab Januar 2017 muss beim Abschluss eines Vertrages zu jedem geförderten Vorsorgeprodukt ein Informationsblatt mit einheitlich berechneten Effektivkosten und Chancen-Risiko-Klassifizierung vorliegen. Es bleibt also alles in allem ein Jahr für die PIA und für die Anbieter, um für alle Riester- und Rürup-Renten die Werte zu ermitteln und die Informationsblätter anzufertigen. Wie lautet Ihr Fahrplan für die nächsten Monate?

Bis zum Jahresende haben wir alle bereits eingegangenen Anträge kategorisiert. Ähnliche Produkte von verschiedenen Anbietern werden wir nach Möglichkeit zu Clustern zusammenfassen und parallel klassifizieren. Die Unternehmen wissen bereits, dass wir so vorgehen. Dadurch können wir die notwendigen Erweiterungen in unserem Modell schneller umsetzen. Zudem führt dieses Vorgehen zu einer besseren Qualitätssicherung der Ergebnisse. Daher war es uns wichtig, gleich zu Anfang möglichst viele Anträge einzusammeln.

In einem solchen Cluster könnten zum Beispiel alle Drei-Topf-Hybride zusammengefasst werden?

Das ist unsere Idee. So wollen wir das Verfahren vereinfachen und beschleunigen.

„Bis Ende März geben wir eine Methodik für die Effektivkosten vor.“

Der Gesetzgeber schreibt bereits seit dem 1. Januar 2015 den Ausweis der Effektivkosten vor, hat aber leider versäumt, dafür einheitliche Vorgaben zu liefern. In der Folge herrscht bei der Berechnung der Effektivkosten ein heilloses Durcheinander. Jeder rechnet, wie er will. Werden Sie bei den Effektivkosten schnell für Einheitlichkeit sorgen?

Zur Entwicklung der Berechnungsmethodik der Effektivkosten fand bereits ein erster Workshop mit Vertretern verschiedener Interessengruppen statt. Ein zweiter wird wahrscheinlich in Kürze folgen. Unser Zeitplan sieht vor, dass wir bis Ende März eine Berechnungsmethodik für die Effektivkosten vorgeben.

Greifen Sie dabei auch auf den Vorschlag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft zurück, der es nicht vermochte, sein Konzept in der Branche flächendeckend zu etablieren?

Wir tauschen uns auf jeden Fall mit dem Verband aus. Bei unserer Methode sind wir aber eng an die Vorgaben des Bundesministeriums der Finanzen gebunden. Daher können wir das GDV-Verfahren nicht übernehmen. Aber es werden sicherlich einige Vorstellungen des GDV in unsere Berechnungsmethodik mit einfließen.

Werden Sie flankierend zu den Anstrengungen der Produktanbieter in der Öffentlichkeit das Verständnis der Chancen-Risiko-Klassen fördern? Die Sparer müssen schließlich verstehen, was damit gemeint ist, um vergleichen zu können.

Wir publizieren die Beschreibung der Risikoklassen auf unserer Internetseite, dort sicherlich auch ausführlicher als in den eigentlichen Produktblättern. Wir planen zudem eine Zusammenstellung der häufigsten Fragen und Antworten rund um die Chancen-Risiko-Klassen. Außerdem wollen wir mit Verbraucherschutzorganisationen zusammenarbeiten.

Welchen finanziellen Aufwand muss ein Produktanbieter für die Klassifizierung einplanen?

Die Gebührensatzung kann auf unserer Web-Seite eingesehen werden. Die Kosten liegen zwischen 500 und 4.000 Euro. Sie hängen davon ab, wie kompliziert der Tarif ist: Handelt es sich nur um einen Banksparplan mit fester Verzinsung, bei dem ja gar nicht viel gerechnet werden muss, oder um einen Drei-Topf-Hybrid, für den eine Chancen-Risiko-Klasse mit mehreren tausend Simulationen erforderlich ist.

„Aus rechtlichen Gründen dürfen wir nur zertifizierte Produkte klassifizieren.“

Der Gesetzgeber schreibt die Klassifizierung nur für die staatlich geförderten Produkte vor. Halten Sie diese Beschränkung für sinnvoll?

Ich finde es auf jeden Fall richtig, erst einmal damit an einer Stelle anzufangen. Es ist nicht ganz einfach, solch eine Klassifizierung einzuführen. Auch für die Anbieter bringt dies einige Umstellungen mit sich. Wenn gleich für alle Produkte die Klassifizierung vorgeschrieben würde, wäre die Umstellung noch umfangreicher. Die staatlich geförderten Produkte haben einen anderen Rang, weil sie die gesetzliche Rente ergänzen oder ersetzen. Natürlich ist nicht ausgeschlossen, dass später auch die dritte Altersvorsorgeschicht mit den privaten Renten in die Klassifizierung einbezogen wird.

Wie gehen Sie mit einem Versicherer um, der zu Ihnen kommt und nicht nur seine Riester-Rente klassifizieren lassen möchte, sondern die übrigen Rententarife gleich mit? Schicken Sie ihn mit den anderen Tarifen wieder nach Hause?

Aus rechtlichen Gründen dürfen wir nur zertifizierte Produkte klassifizieren. Die Beleihung seitens des Bundesfinanzministeriums umfasst die übrigen Produkte nicht.Bei den übrigen Produkten werden sich also Researchunternehmen wie Morgen & Morgen in Stellung bringen. Damit bekommen wir unterschiedliche Klassifizierungsverfahren. Morgen & Morgen oder Franke & Bornberg bewerten ja viel mehr als wir mit der Klassifizierung, erstellen zum Beispiel Ratings, die viele weitere Faktoren berücksichtigen. Es spricht nichts dagegen, dass diese Auswertungen weiterhin angeboten werden. Da muss es nicht unbedingt eine komplette Übereinstimmung geben.

„Mit der Zeit wird es eine Annäherung der Klassifizierungsverfahren geben.“

Aber ist es gut, wenn eine Chancen-Risiko-Klasse 2 bei der Riester-Rente  anders definiert wird als bei einer privaten Rentenversicherung?

Ich glaube, da wird es mit der Zeit eine Annäherung der Verfahren geben. So viele Unterschiede treten doch gar nicht auf, wenn man sich an die gesetzlichen Vorgaben für die Klassifizierung hält. Eines werden wir allerdings nicht tun: unsere Methodik offenlegen.

Vielleicht sollte die PIA einen Standard entwickeln, ähnlich einer DIN-Norm, der dann auch für die übrigen Klassifizierungen gilt?

Ich könnte mir vorstellen, dass die Entwicklung in diese Richtung läuft. Lassen Sie uns den Start bei der Klassifizierung der geförderten Produkte abwarten. An einer Stelle muss man schließlich anfangen.

Die Fragen stellte Klaus Morgenstern.


Dr. Melissa Cigdem Ruby ist Geschäftsführerin der Produktinformationsstelle Altersvorsorge gemeinnützige GmbH (PIA gGmbH), die als neutrale Stelle im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen die Chancen-Risiko-Klassifizierung der geförderten Altersvorsorgeprodukte übernimmt. Zudem wird die PIA die Berechnungsmethodik für die in den Produktinformationsblättern aufgeführten Effektivkosten vorgeben. Mehr dazu..


Ab 1. Januar 2017 müssen Anbieter von Riester- und Rürup-Renten mit einem einheitlichen Produktinformationsblatt Altersvorsorgesparer vor dem Vertragsabschluss informieren, um so in leicht verständlicher und standardisierter Form einen Produktvergleich zu ermöglichen. Das schreibt das Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz vor. In diesen verpflichtenden Produktinformationsblättern wird eine Chancen-Risiko-Klasse (CRK) für das entsprechende Produkt angeführt. Sie beschreibt das Verhältnis der Chancen auf eine höhere Rendite zum Risiko, nicht die erwartete Höhe der Rendite zu erzielen. Insgesamt sind fünf Chancen-Risiko-Klassen vorgesehen. Der CRK-1 gehören die Produkte an, die am wenigsten risikobehaftet sind, aber dafür die  geringste Chance auf eine höhere Rendite ausweisen, zum Beispiel Sparpläne mit einer fixen jährlichen Verzinsung. Die Produkte in der CRK-5 können zwar die höchste Chance auf hohe Renditen ausweisen, müssen aber beispielsweise keine Garantie auf die eingezahlten Beiträge geben.