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Das schwierige Geschäft mit dem Öl

Seit Jahresbeginn hat der Ölpreis deutlich zugelegt. Dieser Ausbruch nach oben könnte aber für eine geraume Zeit das letzte Aufbäumen gewesen sein. Drei Gründe sprechen für einen langfristig eher nachgebenden Ölpreis.

Der erste ist die Konjunktur. Weltweit haben sich die Wachstumsaussichten etwas eingetrübt. China expandiert nicht mehr so schnell. In Europa sind die Aussichten schon länger schwach. In den USA verpufften die erst einmal positiven Effekte der Trumpschen Steuerreformen.

Nun ist beim Öl der Zusammenhang mit der Konjunktur immer ein wenig zweischneidig: Auf der einen Seite wird der Ölpreis gerne als Indikator für die Konjunktur gesehen. Auf der anderen Seite kann der Ölpreis aber auch Wirtschaftswachstum fördern oder hemmen.

Ganz grundsätzlich gehen die Experten davon aus, dass ein steigender Ölpreis eine gut laufende Konjunktur signalisiert. Schließlich steckt in fast allen Produkten irgendwo Öl. Läuft die Wirtschaft also gut, wird viel produziert und damit viel Öl benötigt. Eine höhere Nachfrage bei gleichbleibendem Angebot spricht für Preisanstiege. Umgekehrt wirkt das Ganze auch. Eine schleppende Nachfrage nach Produkten sorgt für eine geringere Nachfrage nach Öl und damit für tendenziell fallende Preise. Insofern könnte Öl ein guter Indikator für die Konjunktur sein.

Stimulanz für die Wirtschaft

Könnte, denn die Geschichte wird auch umgekehrt erzählt: Billiges Öl stimuliert die Wirtschaft, denn Öl ist ein Grundstoff wie Geld. Wird beides günstiger, springt die Wirtschaft an. Ist Öl dagegen teuer, kann das die Konjunktur abbremsen oder sogar abwürgen. Deshalb wurde auch immer wieder an das Verantwortungsbewusstsein der in der Opec zusammengeschlossenen Erdöl-Export-Staaten appelliert, den Preis nicht willkürlich zu erhöhen.

In der Realität sind beide Varianten der Ölpreiswirkungen mehr oder weniger detailliert zu beobachten. Sie funktionieren allerdings nur solange, wie Öl wirklich noch als ein Grundstoff der Wirtschaft anzusehen ist. Diese Zeit könnte irgendwann enden.

USA wird zum Netto-Exporteur

Zunächst aber noch nicht, denn die USA haben gerade angesetzt, über die Gewinnung von Schieferöl zu einem Exporteur von Öl aufzusteigen. Das ist der zweite Grund für einen langfristig eher sinkenden Ölpreis. Nachdem das Land lange der größte Ölimporteur war, sollen die USA schon 2021 nach Prognosen der Internationalen Energie-Agentur zum Netto-Exporteur aufsteigen. Die Folge ist ein größeres Angebot und damit tendenziell sinkende Priese. Der Nebeneffekt: Da das Schieferöl relativ günstig zu gewinnen ist, sinkt die Bereitschaft, Geld für Alternativen auszugeben, was die Ölzeit weltweit verlängern wird.

Macht der Opec schrumpft

Grund drei für einen fallenden Ölpreis ist die schrumpfende Macht der Ölexporteure. Die Opec hat vor Jahrzehnten für Angst und Schrecken bei den Abnehmerländern gesorgt, wenn sie Kürzungen bei den Fördermengen ankündigte. Dann war klar: der Ölpreis steigt und Tanken wird teurer. Eine ganze Weile konnten die Opec-Staaten auch glaubhaft drohen. Zum einen lag ein großer Teil der Weltproduktion in ihren Händen. Zum anderen waren sie sich schnell einig, wenn es um Preiserhöhungen ging. Die gesamte Entwicklung der Emirate und ihrer Nachbarn wäre nicht denkbar ohne Öl und Opec.

Immer mehr Staaten scheren aus

Nun ist diese Einigkeit aber schon eine geraume Zeit dahin. Immer mehr Länder scherten zur Wahrung eigener Interessen aus. So liegen die Ölpreise, zu denen die Förderländer kostendeckend arbeiten, zum Teil weit auseinander. Aber auch politische Motive stecken oft dahinter. Einigkeit aber ist die wichtigste Funktion eines Preiskartells – und die bröckelt. Die Opec hat in den vergangenen Jahren versucht, weitere große Ölproduzenten an sich zu binden. Länder wie Russland etwa, die selbst eine hohe Produktion fahren, aber bislang nicht Mitglied der Opec sind. Zunächst wurde dies über eine informelle Zusammenarbeit versucht – mit wenig Erfolg. Zuletzt wurde gemeldet, dass die Opec nun versuchen wolle, diese lose gebundenen Partner fest anzubinden.

Kurzfristiges Aufbäumen vor dem langen Abstieg

Die Wahrscheinlichkeit, dass dies gelingt, ist allerdings gering. Es sieht mehr nach einer Verzweiflungstat aus. So gibt es keinen Grund anzunehmen, dass mit mehr Mitgliedern auch mehr Einigkeit erzielt wird. Die Lebenserfahrung spricht eher für das Gegenteil.

Insgesamt also eine Gemengelage, die den derzeitigen Ölpreisanstieg als das einordnet, was er wohl ist: ein kurzfristiges Aufbäumen vor einem langsamen, aber unaufhaltsamen Abstieg.


Gastautor Uwe Zimmer ist Geschäftsführer der Fundamental Capital GmbH in Köln.