Die Märkte gelten als Seismografen der Wirtschaft. Genau wie die Erdbebenforscher können aber auch die Märkte das nächste Beben oder den nächsten steilen Anstieg nicht genau vorhersagen.
Die Fundamentalanalyse hilft aber, zumindest auf Unternehmensebene, die Lage einzuschätzen. Die technische Analyse trägt zur Beurteilung der Märkte bei.
Das zeigt sich übrigens sehr schön bei den Trefferquoten der vielen Börsengurus: Sie sind bescheiden und damit nutzlos bis gefährlich für ihre Jünger. Natürlich wird es immer wieder einmal jemanden geben, der einen Crash oder einen starken Anstieg richtig vorhersagt. In der Regel liegt es daran, dass derjenige schlichtweg immer einen Crash prognostiziert – und dann gerade einmal recht hat. So wie die kaputte Uhr, die auch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigt.
Seherische Fähigkeiten sind also eher selten oder vielleicht sogar auszuschließen. Da hilft, wie so oft, nur Arbeit – harte Arbeit. Verlässlich ist bei Unternehmen, Staaten und auch an der Börse immer nur die Vergangenheit. Zahlen, Daten, Fakten liegen offen, jeder kann seine Schlüsse daraus ziehen. Dem einen gelingt das besser, dem anderen schlechter. Dabei ist es nur bedingt die Frage, wie tief man gräbt und wie viele Steine man umdreht. Es ist die Frage nach dem eigenen Ansatz, der gute von schlechten Analysten unterscheidet.
In gewaltigen Datenbergen nach Informationssplittern suchen
So geht es in der Fundamentalanalyse darum, vor allem aus den Zahlen der Unternehmen zusammen mit ihrem Ausblick möglichst genau abzuleiten, ob die gewählte Strategie Erfolg verspricht oder nicht. Da wäre es nun deutlich zu wenig, nur zu schauen, ob etwa der Gewinn in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist, und dann anzunehmen, dass dies auch so weitergeht. Vielmehr ist es wichtig zu sehen, ob der Markt, das Umfeld, überhaupt eine Gewinnsteigerung zulässt. Um ein Unternehmen zu analysieren, kann es deshalb wichtig sein, seine Konkurrenten, seine Zulieferer, seine Abnehmer genau zu kennen.
Das macht die fundamentale Analyse sehr aufwändig. Schon immer war es teuer, Daten zu besorgen und zu verarbeiten. Mit zunehmenden Ansprüchen an Datenqualität, aber auch mit der Bereitschaft der Unternehmen, Daten zur Verfügung zu stellen, wuchs die Datenmenge immens. Das macht die Auswertung schwieriger, eröffnet aber auch zusätzliche Möglichkeiten der Analyse. Computer wiederum machen es überhaupt erst möglich, die gewaltigen Datenberge nach den Informationsstückchen zu durchwühlen, die die anderen noch nicht gefunden haben. Verbindungen herzustellen, die andere nicht gezogen haben.
Als Analyst muss man einen eigenen Blick auf die Dinge werfen. Wer die gleichen Analysen fährt wie alle anderen, wird auch zu den gleichen Ergebnissen kommen. Wer aber das allseits Bekannte als Grundlage nimmt und darauf aufbaut, kann mehr Informationswert erreichen.
Schafe laufen in der Herde, Adler fliegen allein
Es gibt aber einen Bereich der Analyse, der nur funktioniert, wenn alle das Gleiche glauben: die Chartanalyse. Wer den Kursverlauf der Vergangenheit anschaut, kann daraus Muster ableiten. Für sich genommen sind sie nicht mehr als eine schöne Aufzeichnung der Historie. Wenn aber viele Menschen daran glauben, dass sich Muster finden lassen und diese sich auch noch wiederholen, dann kann das auch funktionieren.
Analyse ist also auch die Frage danach, was die Masse denkt und ob es sich lohnt, der Masse zu folgen. Die Antwort ist: In der Fundamentalanalyse ist eine eigene Meinung wichtig, in der Chartanalyse der Wille der Masse. Beides zusammen kann gute Ergebnisse liefern.
Wie Uwe Zimmer. Er ist Geschäftsführer des Vermögensverwalters z-invest GmbH in Köln.