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Europas Gender Pension Gap-Problem

Gender Gap

In zahlreichen Ländern Europas beziehen Frauen zum Teil weit geringere Renten als Männer. Dieser Gender Pension Gap basiert je nach Land auf unterschiedlichen Faktoren.

Laut einer jüngst veröffentlichten Studie (Seiten 318/319) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) beträgt der sogenannte Gender Pension Gap, die Rentenlücke zwischen den Geschlechtern, in mehr als der Hälfte der untersuchten EU-Mitgliedstaaten (18 von 28) bis zu 69 Prozent.

Für die Berechnung des Gender Pension Gap nutzten die Studienautoren zwei verschiedene Definitionen. Dabei berücksichtigt die erste Analyse ausschließlich Frauen und Männer ab 65 Jahre, die ein Renteneinkommen beziehen (Definition 1). Die Ergebnisse geben also die tatsächliche Ungleichheit beim geschlechterspezifischen Rentenbezug wider. Bei der zweiten Betrachtung (Definition 2) wurden alle Menschen im Rentenalter einbezogen. Also auch jene, die keine Rentenansprüche erworben haben und somit keinerlei staatliche Rente beziehen. Damit wurde der Gender Pension Gap in den analysierten europäischen Ländern detaillierter erfasst.

Estland ist die große Ausnahme

Nach Definition 1 ist der Gender Pension Gap länderübergreifend mehr oder weniger „deutlich ausgeprägt“, wie es in der Studie heißt. Doch es gibt eine große Ausnahme: Estland. Hier beträgt der Gender Pension Gap laut DIW-Studie null, sogar gemäß beider Definitionen. Dafür könnten sozialpolitische Reformen ab der Unabhängigkeit des Landes gesorgt haben. So basiert das staatliche Rentensystem in Estland auf einem Solidaritätsprinzip und finanziert insgesamt drei staatliche Renten. Dabei handelt es sich um die Altersrente, die Hinterbliebenenrente und die Volksrente. Für eine kapitalgedeckte Pflichtrente (II. Säule) werden staatliche Zuschüsse gewährt. Abgesehen von dieser Ausnahme fällt der Gender Pension Gap unter den untersuchten 18 EU-Staaten vor allem in Skandinavien und Osteuropa geringer aus. Die größte Ungleichheit unter Rentenbeziehern gibt es in Luxemburg, Portugal, Deutschland und den Niederlanden.

Luxemburg mit der größten Lücke

Werden für den Gender Pension Gap-Vergleich alle Senioren einbezogen (Definition 2), erhalten Frauen in der Hälfte der 18 betrachteten EU-Länder durchschnittlich 50 Prozent der jährlichen Rentenbezüge der Männer oder sogar noch weniger. Die größten Rentenlücken bestehen wiederum in Luxemburg, das damit nach beiden Definitionen die erheblichsten Unterschiede aufweist. Dann folgen Spanien und Portugal. Aber auch in Slowenien, Österreich, Irland und Portugal steigt die Rentenungleichheit zwischen den Geschlechtern bei dieser Betrachtungsweise „erheblich an“, wie die Forscher berichten. Auch Deutschland steht nach Definition 2 schlecht da. Bezogen auf alle Älteren über 65 Jahre ergibt sich laut dieser Studie hierzulande ein Gender Pension Gap von 56 Prozent.

Gründe für die Ungleichheit

Wenn Frauen bereits in ihrem Erwerbsleben nicht verdienen, was sie (eigentlich) verdienen müssten, dann hat das auch auf ihre späteren Renten gravierende Auswirkungen. Differieren schon die Arbeitseinkommen, setzt sich das später bei der Rente fort. So führen unterbrochene Erwerbsbiografien, oftmals bedingt durch Kindererziehung oder Pflege, zu geringeren Rentenansprüchen. Verfügt dazu der Mann als qualifizierter Hauptverdiener über ein überdurchschnittliches Einkommen, steigt die Differenz noch stärker. Geschlechtsspezifische Ungleichheiten am Arbeitsmarkt sind ebenfalls ein wesentlicher Faktor dieser Entwicklung. In einigen Ländern kommen relativ hohe Einstiegshürden für den Rentenanspruch hinzu. Zum Beispiel eine lange Mindestbeitragsdauer, um überhaupt eine Rentenzahlung zu erhalten. Das gilt laut Studie beispielsweise für Slowenien, Österreich und Portugal.

Was ließe sich verbessern?

Eine Herabsetzung solcher Eintrittsbarrieren könnte in diesen Staaten den Gender Pension Gap reduzieren. Für andere Staaten, wie zum Beispiel Deutschland, regen die Studienautoren an, bessere Bedingungen für die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Erwerbstätigkeit oder für eine stärkere Anerkennung dieser Aufwendungen zu schaffen. So könnten einerseits langfristig Gefahren für die sozialen Systeme abgefedert und die Lebensleistungen von Frauen in mehrfacher Hinsicht besser honoriert werden.