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Spitzensport: Erst Olympia-Gold, später Hartz IV?

Die Altersvorsorge deutscher Spitzensportler lässt häufig zu wünschen übrig. Da stehen Top-Athleten anderer Nationen wesentlich besser da.

Wie lässt sich für Spitzensportler eine Altersvorsorge etablieren, die Athleten unterstützt und den Staat in die Pflicht nimmt? Zu dieser Frage kommt gerade wieder Schwung in eine seit Jahren mehr oder weniger intensiv geführte Diskussion – von Seiten der betroffenen Sportler wie auch aus der Politik. Dabei brennt das Thema seit Jahren, wenn auch nicht für alle Beteiligten mit ähnlich hoher Relevanz.

Sie trainieren jahrelang auf hohem Niveau, stehen permanent unter Leistungsdruck und in der Öffentlichkeit. Sie müssen sich um Sponsoren kümmern und um ihre Zukunft sorgen. So sieht es für die meisten Spitzensportler aus. Dennoch könnten sich die wenigsten von ihnen einen anderen Weg vorstellen. Im besten Fall geben die Athleten, Spieler und Mannschaften unserem Land viel zurück: durch Siege und Medaillen, als Vorbild, Identifikationsfigur oder auch für ein gutes Maß an Nationalstolz.

Vermutlich kann jeder etwas anderes daraus gewinnen. Dennoch dürfte nicht jeder Bürger dafür sein, Sportlern aus Steuergeldern eine Rente zu finanzieren. Doch bei allem Sparwillen: wir sollten selbstbewusster sein, was uns der Einsatz unserer Sportler wert ist. Anderenfalls verschiebt sich das Problem nur, weil Sportler später auf Grundsicherung angewiesen sind.

Großes Gefälle zwischen den Sportarten

Sowohl zwischen den Sportarten als auch zwischen den Geschlechtern fallen die Einkünfte im Spitzensport sehr unterschiedlich aus. Spitzensportler verdienen in den meisten Sportarten mehr als Spitzensportlerinnen. Außerdem kommt es auch darauf an, wie mit den teils enormen Einkünften umgegangen wird. So braucht sich beispielsweise Steffi Graf sicher keine Sorgen um ihre Altersvorsorge zu machen, Boris Becker hingegen schon. Während früher ein Weltmeisterspieler wie der FC Bayern-Verteidiger „Katsche“ Schwarzenbeck für sein Auskommen nebenbei einen Lotto- und Schreibwarenladen betrieb, verdient heutzutage der Ex-Bayern-Spieler Toni Kroos bei Real Madrid kolportierte 20 Millionen Euro pro Jahr. Andere prominente Fußballer wechseln auf den Trainerstuhl oder erhalten hoch dotierte TV-Verträge. Aber es geht nicht nur um Fußball. In dieser Sportart verdienen die Spieler bis in die 3. Spielklasse runter in der Regel ausreichende Gehälter, um daraus auch eine private Altersvorsorge zu finanzieren. Es geht eher um die Breite, um andere Sportarten,  die nicht so im medialen Fokus stehen.

Andere Nationen sind großzügiger

Top-Athleten in anderen Nationen stehen oft besser da. So wird Olympiasiegern in Italien beispielsweise ihr Erfolg einmalig mit 150.000 Euro und anschließend vier Jahre lang noch mit jeweils 30.000 Euro vergoldet.

Polnische Medaillengewinner haben ab ihrem 40. Lebensjahr Anspruch auf eine lebenslange, steuerfreie Rente von 2.600 Zloty. Umgerechnet sind das 620 Euro im Monat. Auch in Litauen, Lettland oder Bulgarien werden Olympiasiegern sechsstellige Summen gezahlt. Holland wiederum hat ein gestaffeltes Modell, hier zählt ein erster Sieg mehr als Folgesiege. Klingt logisch, denn dauerhaft erfolgreiche Sportler finden Sponsoren. Einkommensmillionäre in ihrer Landeswährung sind Südkoreas Olympiasieger, umgerechnet reicht das immer noch für 747 Euro pro Monat, ein Leben lang. Bis auf Ruhm und Ehre hingegen gehen Norwegens und Schwedens Spitzensportler leer aus, wobei deren Elite häufig von der Wirtschaft gesponsert wird.

Deutsche Olympioniken laufen hinterher

Zum Vergleich: ein deutscher Olympiasieger erhält einmalig 20.000 Euro. Bis hin zum 8. Platz (1.500 Euro) gibt es eine Staffelung des Preisgeldes. Wobei es für Mannschaftssportler weniger gibt und auch nicht jede weitere Medaille in gleicher Höhe prämiert wird. Damit steht eine der führenden Wirtschaftsnationen der Welt in punkto Förderung seiner Olympioniken ziemlich abgeschlagen da. Es sei denn, dass Geld kommt aus anderen Töpfen – zumeist aus der Wirtschaft und aus TV-Geldern. So hätten beispielsweise Spieler der Fußballnationalmannschaft bei einer WM-Titelverteidigung 2018  in Russland 350.000 Euro erhalten, jeder Spieler natürlich. Es ist allerdings anders gekommen.

Die letzte repräsentative Studie dazu ist schon einige Jahre her. Doch wenn sich bislang noch nicht viel verändert hat, dürften grundlegende Aussagen und Daten aus der Studie durchaus noch tendenziellen Wert besitzen.

Spitzensportler – Fakten zur individuellen Situation

So belief sich das durchschnittliche monatliche Bruttoeinkommen der befragten Athleten auf 1.919 Euro. Unter Berücksichtigung von Zeitaufwand und Einkommen ergab sich dadurch für einen Spitzensportler ein durchschnittlicher Brutto-Stundenlohn von 7,38 Euro – deutlich unter Mindestlohn.

Von diesem Monatseinkommen müssen zudem sämtliche mit dem Leistungssport verbundene Kosten (Trainingslager, Fahrtkosten, Physiotherapie, Materialien, Geräte und Kleidung etc.) abgezogen werden. Der monatliche Betrag, von dem die Athleten schließlich leben mussten, lag damit bei 626 Euro. Prinzipiell sahen 35,4 Prozent der Athleten ihre finanzielle Zukunft als nicht abgesichert an. Mehr als die Hälfte von ihnen hatte bereits über ein vorzeitiges Karriereende trotz sportlicher Perspektive nachgedacht.

Finanzen sind und bleiben ein Thema

Mehr als ein Drittel (36,1 Prozent) der befragten Athleten geht neben dem Sport einer Arbeit nach. Für fast jeden Vierten (23,9 Prozent) davon sind vor allem finanzielle Gründe ausschlaggebend.

Dieser Zuverdienst bringt den Sportlern durchschnittlich 769 Euro im Monat. Die familiäre Unterstützung oder Hilfe von Bekannten wird durchschnittlich mit 300 Euro angegeben. Sponsoring und Werbeverträge bringen 236 Euro. Dann folgen die direkten Einkommen aus dem Leistungssport (Preisgelder, Prämien etc.) mit 229 Euro. Die Förderung durch die Stiftung Deutsche Sporthilfe schlägt mit 173 Euro zu Buche. Die Unterstützung durch Vereine beträgt im Mittel 119 Euro. BAFöG, Arbeitsförderungsgesetz oder Stipendium bringen 38 Euro, während die sonstigen Einnahmen durchschnittlich 55 Euro betragen. Doch unabhängig von all diesen Quellen und Leistungen hat ein gutes Drittel (35,4 Prozent) aller Spitzensportler individuelle Sorgen im Bezug auf die finanzielle Zukunft.

So hilft aktuell der Staat

Eine derzeit verbreitete Förderung wird indirekt durch Anstellungsverhältnisse gewährt. Für rund ein Viertel aller Spitzensportler leistet sich die Bundesrepublik dafür rund 1.000 Sportförderstellen. Diese werden größtenteils aus dem Etat des Bundesinnenministeriums finanziert. Die geförderten Leistungssportler sind bei Polizei, Zoll, Bundeswehr und Bundespolizei angestellt. Zusätzliches Geld kann von der Deutschen Sporthilfe kommen. Deren Stiftung fördert Athleten je nach Status im Schnitt mit monatlichen Beträgen zwischen 300 und 600 Euro. Doch da dies alles lediglich fragmentarische Hilfen sind, die nur ausgewählte Sportarten oder Spitzensportler erreicht, soll vermutlich ab 2020 eine echte „Sportlerrente“ her. Noch vom seinerzeitigen Bundesinnenminister de Maizière mit auf den Weg gebracht, sind entsprechende Planungen bereits Teil der Koalitionsvertrages.

Geplante Rente als Akt der Wertschätzung

Die Spitzensportförderung des Bundes soll um zwei neue Komponenten angereichert werden. Eine davon zielt auf eine anteilige Altersvorsorge für Spitzenathleten mit Amateurstatus. In den Planungen orientieren sich die daran Beteiligten, unter ihnen auch Vertreter der Athleten, an Zahlungen, die beispielsweise ein derzeitiger Förderstelleninhaber monatlich erzielt. Das sind in der Regel 200 bis 500 Euro. Je nach Status, Bedarf und weiteren Kriterien soll in ähnlicher Beitragshöhe in eine Rente eingezahlt werden. Dieser Rentenbaustein soll sich in das Portfolio der Altersvorsorgeelemente, die es schon gibt, gut und stimmig einfügen, wie Sporthilfe-Chef Michael Ilgner Anfang 2018 verkündete und zugleich feststellte, „dass es parteiübergreifend große, breite Unterstützung für den grundsätzlichen Ansatz“ gibt. Finanziert werden soll die neue Sportlerrente jährlich mit 12 bis 14 Millionen Euro aus zusätzlichen Mitteln, die der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bei der Bundesregierung zur Umsetzung des kompletten Reformpakets im Rahmen der Sportförderung beantragt hat.