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Bewegung bei Betriebsrenten

Baustelle bAV

Nahezu jedes zweite Unternehmen plant im Zusammenhang mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz, seine betriebliche Altersversorgung (bAV) auszubauen oder anzupassen.

Dabei werden zunächst „Pflichtthemen“ wie der neue Arbeitgeberzuschuss zu Mitarbeiterbeiträgen in die betriebliche Altersversorgung bearbeitet. Letzterer werde die Verbreitung der bAV tatsächlich fördern, erwarten 58 Prozent. Dies zeigt eine Umfrage von Willis Towers Watson unter knapp 50 Unternehmen.

Nur verhalten optimistisch betrachten sie die Erfolgschancen der Reform. Eine weitere Verbreitung der bAV unter Geringverdienern oder in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) werde das Gesetz allenfalls teilweise bewirken.

„Der Anteil der Unternehmen, die ihre betriebliche Altersversorgung nun anpacken wollen, ist sprunghaft gestiegen“, erklärt Dr. Reiner Schwinger, Head of the Northern Europe Region von Willis Towers Watson. „Mit der Umsetzung der durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz neu entstandenen Pflichten werden viele Unternehmen auch gleich weitere Modernisierungsschritte, zum Beispiel die Risiko-Optimierung oder die Mitarbeiterkommunikation, angehen. Daher ist in den kommenden Jahren mit einem Modernisierungsschub für die bAV zu rechnen“, fährt Schwinger fort.

Gesetz bringt die bAV auf die Agenda

Ob Unternehmen dabei auf die neu geschaffenen Gestaltungsoptionen, wie zum Beispiel die reine Beitragszusage, setzen oder altbewährte Möglichkeiten neu entdecken, sei zweitrangig. „Wichtig ist, dass das Gesetz die bAV auf die Agenda bringt und dadurch wird es viel bewegen“, sagt Schwinger. Willis Towers Watson hatte im März 2017 und im September 2018 Unternehmen, die bereits über eine bAV verfügen, nach ihrer Einschätzung und ihren Umsetzungsplänen in Bezug auf das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) befragt.

Primär richtet sich das BRSG zwar an Unternehmen, die ihren Mitarbeitern noch keine bAV anbieten. Dennoch wird es auch von Unternehmen, die bAV-Lösungen zum Teil schon vor vielen Jahren eingeführt hatten, aufmerksam verfolgt. Nachdem noch im März 2017 zwei Drittel (67 Prozent) dieser Unternehmen ihre bAV „so lassen wollten, wie sie ist“, wird nun fast die Hälfte ihre bAV anpacken. Ein knappes Viertel (23 Prozent) will sie ausbauen, ein Fünftel (21 Prozent) umstrukturieren oder überarbeiten. Zwei Prozent werden einen neuen Pensionsplan einführen.

Unternehmen widmen sich zunächst den „Pflichtthemen“

Die meisten Unternehmen bearbeiten zunächst vordringlich „BRSG-Pflichtthemen“ wie die Umsetzung des Arbeitgeberzuschusses zur Entgeltumwandlung (59 Prozent) und die Nutzung der neuen steuerlichen Freibeträge (55 Prozent). „Dies erweist sich allerdings aufgrund eines hohen Klärungsbedarfs für zahlreiche Detailfragen in der Praxis als herausfordernd“, berichtet Dr. Michael Karst, der bei Willis Towers Watsons im Bereich Pensions den Fachbereich Recht leitet. So sehen drei Viertel (76 Prozent) der Unternehmen bei den Regelungen für den Arbeitgeberzuschuss – zumindest teilweise – Anpassungsbedarf.

Die erforderlichen Tarifverträge fehlen noch

Die neu eröffneten Möglichkeiten – reine Beitragszusage und Opting-out auf tariflicher Basis – stehen allerdings nur in 15 bzw. 17 Prozent der Unternehmen auf der Agenda. Bislang können diese Optionen noch nicht umgesetzt werden, da keine entsprechenden Tarifverträge vorliegen. Sollte dies künftig der Fall sein, bevorzugen 90 Prozent der Unternehmen tarifliche Rahmenvorgaben, die betrieblich ausgestaltet werden können. Sie zeigen also eine starke Präferenz für betriebliche Lösungen.

Unternehmen, die bereits über eine bAV verfügen, erhofften sich vom BRSG vor allem eine Absenkung des steuerlichen Rechnungszinses sowie die Abschaffung der Doppelverbeitragung in der Sozialversicherung. Diese beiden Punkte wurden in beiden Umfragen (März 2017 und September 2018) am häufigsten genannt. „Gerade diese Problemfelder packt das BRSG aber nicht an – sie stehen aktuell anderweitig im Fokus einer gesetzlichen bzw. gerichtlichen Klärung“, führt Karst aus.

Die bAV wird nicht einfacher

Durch das Reformpaket steige die Komplexität der bAV weiter, sagen 70 Prozent der befragten Unternehmen. Karst erklärt: „Gerade hier ließe sich Abhilfe schaffen, indem der Gesetzgeber eine ‚Positivliste‘ zur bAV verabschieden würde.“ Über die vergangenen Jahrzehnte haben sich zahlreiche Arbeitgeberpflichten im Hinblick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen der bAV entwickelt. Genannt seien etwa Informations- und Aufklärungspflichten, die oft keine ganz klare Kontur aufweisen. „Wenn die Unternehmen positiv aufgezählt Klarheit über ihre arbeitsrechtlichen Pflichten aus einer bAV-Zusage hätten, würde das viel Verlässlichkeit und eine noch höhere Bereitschaft, sich in der bAV zu engagieren, mit sich bringen“, betont Karst.

Zuschuss des Arbeitgebers wird Standard

Nach der Reform sind Unternehmen künftig verpflichtet, Beiträge, die ihre Mitarbeiter aus eigenem Bruttoentgelt in bAV-Versicherungen, Pensionskassen oder Pensionsfonds investieren, in Höhe von 15 Prozent zu bezuschussen.

Somit sollen durch die Entgeltumwandlung eingesparten Sozialversicherungsabgaben der bAV zugutekommen. Trotz der komplizierten Umsetzung in der Praxis traut über die Hälfte der Unternehmen (58 Prozent) diesem Zuschuss zu, dass er die weitere Verbreitung der bAV fördern wird. „Der Zuschuss verstärkt den Anreiz, eigenes Geld in die bAV zu investieren und verbreitert die Finanzierungsbasis“, so Schwinger. „Viele Unternehmen gewähren ihren Mitarbeitern bereits Zuschüsse auf eigene bAV-Beiträge. Mit dem Gesetz wird diese Praxis nun zum Standard erhoben.“