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Wunschkonzert: Wer soll das bezahlen?

In seiner Kampagne forderte er noch allgemein eine Erhöhung des gesetzlichen Rentenniveaus, jetzt haben sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Einzelgewerkschaften ziemlich konkret festgelegt.

Bis 2040 soll das Rentenniveau „auf etwa 50 Prozent“ steigen, also noch über dem heutigen Niveau von 48 Prozent liegen. Bei der sozialdemokratischen Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, die gewerkschaftlichen Wünschen in der Regel immer aufgeschlossen ist, soll das Niveau bis 2045 nicht unter 46 Prozent sinken. Ihr Wunschziel ist die Beibehaltung von 48 Prozent. Mit der ungeliebten Agenda 2010 von  Gerhard Schröder und ihres Vorgängers Franz Müntefering hat solches Begehren natürlich nichts mehr gemein.

Wer sich dieses Wunschkonzert anhört, der stellt sich die Frage, wer das alles bezahlen soll. Die Gewerkschaften haben Prognos durchrechnen lassen, welche Konsequenzen ihre Forderungen  denn hätten. Das Ergebnis ist alarmierend, müsste der Beitragssatz doch in den 40er Jahren dieses Jahrhunderts auf bis zu 25 Prozent steigen. Außerdem würde der Bundeshaushalt verstärkt in Anspruch genommen. Für die Linke war der Staatssäckel schon immer eine schier unerschöpfliche Fundgrube. Neben dem steigenden Steuerzuschuss an die Rentenkasse müssten künftig – so die Gewerkschaften – gesamtgesellschaftliche Aufgaben wie die Angleichung der Ost-Renten oder die Mütterrenten ganz aus dem Bundeshaushalt finanziert werden.

Große Rentenreform nach der Wahl

Dass ein höheres Rentenniveau das wachsende Problem der Altersarmut nicht lösen kann, darauf hat die neue Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung, Gundula Roßbach, gerade in einem Interview hingewiesen. Wer nur eine sehr geringe Rente bekomme, so Roßbach, bei dem werde „auch bei einem höheren Rentenniveau die Rente in aller Regel nicht über der Grundsicherung“ liegen. Roßbach fügte hinzu: „Die meisten haben neben ihrer Rente noch zusätzliches Einkommen. Armut kann man nur anhand des Gesamteinkommens des Haushalts beurteilen.“ Die Präsidentin empfiehlt in diesem Zusammenhang, vor allem für Problemgruppen gezielt etwas zu tun, also für Erwerbsminderungsrentner, Menschen mit unsteten Erwerbsbiografien und kleine Selbständige mit unregelmäßigem Einkommen. Für die Zeit nach der Bundestagswahl rät sie im Übrigen der Politik, über eine große Rentenreform nachzudenken. Wer mehr Umverteilung anstrebe, müsse auch sagen, wie das zu finanzieren ist.

Schlussspurt im Bundestag

Der Bundestag setzt zum Schlussspurt dieser Legislaturperiode an. In der Debatte um das Betriebsrentenstärkungsgesetz geht es darum, welche Änderungen im weiteren parlamentarischen Verfahren noch angenommen werden. Schlechte Karten hat offenkundig die Versicherungswirtschaft mit ihrem Begehren, beim Tarifpartnermodell auch Garantiezusagen zu ermöglichen. Ebenso scheinen kostspielige „Aufhübschungen“ der Riester-Rente so wenig Chancen zu haben wie ein Verzicht auf die Doppelverbeitragung bei Betriebsrenten. Im weiteren Verlauf der Gesetzesberatungen  sind noch öffentliche Experten-Hearings der Bundestagsausschüsse für Arbeit und Soziales geplant.

Glaubwürdigkeitstest auf der linken Flanke

Die Linke wird es sich in den noch verbleibenden Monaten dieser Legislatur nicht nehmen lassen, die Glaubwürdigkeit des sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten Schulz zu testen. Der Rückmarsch der SPD in die Zeit vor der Agenda 2010 wird von der Linken begrüßt, aber nicht für glaubwürdig gehalten. Deswegen wird sie in der Volksvertretung noch Anträge stellen, die jüngste sozialdemokratische Forderungen aufnehmen. Die Genossen dürften sie aber aus Koalitionstreue ablehnen. Dabei müssen sich die Kämpfer um Sarah Wagenknecht aber beeilen. Schon im Sommer unterliegen solche Initiativen der parlamentarischen Diskontinuität, können also nicht mehr behandelt werden. Die Urheber werden das nicht so schlimm finden. Schließlich geht es nur um eine publikumsträchtige Anti-Schulz-Show.