Website-Icon DIA Altersvorsorge

Spendierhosen trotz düsterer Renten-Warnungen

Der SPD-Parteitag weckte den Eindruck, dass die Erneuerung der Volkspartei nur mit dem Füllhorn aus Rente und staatlich beeinflusster Arbeitsmarktpolitik möglich ist. Wird der Zusammenhalt der Gesellschaft durch immer mehr sozialpolitische Wohltaten gefördert?

Die neue SPD-Bundesvorsitzende Andrea Nahles startete gleich mit einer kräftigen Delegierten-Watsche in ihr Amt. Sie will die Gefechte um die bei den Genossen verhasste Agenda 2010 nicht weiter führen. Stattdessen will sie in die Zukunft blicken. Ihre Gegenkandidatin Simone Lange bezog ihre Motivation aber auf die düstere Vergangenheit. Sie meinte, sich bei den Bürgern für Gerhard Schröders Zumutungen entschuldigen zu müssen. Auf die neue SPD darf man gespannt sein, steht der Verteilungsstaat doch an einem Wendepunkt.

Die Rentenkassen sind gut gefüllt. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Da entschied sich die neue Große Koalition unter dem Druck der SPD für bequeme Lösungen bei der Alterssicherung. So bleibt es beim Sicherungsniveau von 48 Prozent. Die Mütterrente wird ausgeweitet. Gleichzeitig kommt noch eine Grundrente hinzu. Eine Erhöhung der Lebensarbeitszeit sei kein Thema.

Angesichts der dramatischen Alterung der Gesellschaft gibt es aber nichts zu verteilen. Beschlüsse dieser Art sind höchst unsolide. Das zeigt die jüngste Berechnung der Ökonomen vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH). Eine Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent wäre danach bis 2050 ohne Beitragssteigerung möglich, wenn die Bundesrepublik jährlich eine halbe Million zusätzliche Migranten in den deutschen Arbeitsmarkt integriere. In drei Jahrzehnten mache das eine Gesamtzuwanderung von 17 Millionen Menschen aus. Diese Personen müssten 20 bis 35 Jahre alt sein. Dann könnte auch der Status quo beim Renteneintrittsalter – eine unverzichtbare Forderung der gerechtigkeitsbeseelten SPD – gehalten werden. Eine geradezu utopische Zukunftsvorstellung.

Bund zahlt 90 Milliarden Euro in die Rentenkasse

Der Bund stützt die Rentenkasse schon jetzt mit 90 Milliarden Euro. Diese Tatsache wird allerdings kaum kommuniziert. Für die Zeit nach 2025 sehen die mitteldeutschen Wirtschaftsforscher dunkle Wolken am Horizont heraufziehen. So machten die im Koalitionsvertrag vereinbarten Leistungen langfristige Kosten in Höhe von 2,5 Prozent des Beitragssatzes aus. Die demografischen Verschiebungen führen zu einem Beitragssatz von 24 Prozent bis 2050.

Da ab Mitte der 90er Jahre die sogenannten „Babyboomer“ in den Ruhestand gehen, drohe ein noch höherer Anstieg des Beitragssatzes. Das dürfte erhebliche wirtschaftspolitische Folgen haben. So senke das die Anreize zum Arbeiten und erhöhe die Lohnnebenkosten der Arbeitgeber. Die einzige Alternative sieht das Institut in einer Erhöhung der Lebensarbeitszeit um weitere fünf Jahre. Ein Tabu-Thema für die Sozialdemokraten. Es ist höchste Zeit, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Rentenreform-Kommission in Aktion tritt, um nüchterne Perspektiven für die Zukunft der Alterssicherung aufzuzeigen. Aber noch ist die Stunde spendierfreudiger Politiker, die den Rechenstab lieber nicht bemühen.

Mütterrente aus Steuermitteln finanzieren

Apropos Kosten. 3,7 Milliarden Euro kostet die Ausweitung der Mütterrente im nächsten Jahr. Das rechnete die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung, Gundula Roßbach, aus. Sie drängt auf eine Finanzierung dieses Betrages aus Steuermitteln. Es handelt sich bei dieser Maßnahme doch um eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, an der alle Bürger zu beteiligen seien. Roßbach unterstrich auch, dass man sich bei der Bewertung der Leistungsfähigkeit der Rente „nicht auf das Rentenniveau“ konzentrieren dürfe. „Viele Bürger glauben, das Rentenniveau beziehe sich auf ihr eigenes Einkommen im Alter. Dabei ist es nur eine technische Größe“, sagte sie in einem Zeitungsinterview. Einen moderaten Anstieg des Beitragssatzes auf der Basis bisheriger rechtlicher Grundlagen hält sie für realistisch. „Unsere Vorausberechnungen beruhen darauf, dass der Beitragssatz erst ab 2023 vor allem demografiebedingt zunächst auf 18,7 Prozent steigen wird. Die Rentenpläne der Koalition sind in diesen Berechnungen aber noch nicht enthalten.“