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Doppeltes Lottchen bei „Agenda rückwärts“

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat alle Hände voll zu tun, um die „doppelte Lottchen-Strategie“ der SPD für die Bundestagswahl am 24. September dieses Jahres vorzubereiten.

Auf der einen Seite muss der graue Regierungsalltag mit Betriebsrentenstärkungsgesetz und Rentenangleichung zwischen Ost und West vorbereitet werden, andererseits muss „sozialpolitisches ghostwriting“ für den neuen Hoffnungsträger Martin Schulz, der die SPD aus dem Tal der Tränen führen soll, abgeliefert werden. Bei der Verlängerung des Arbeitslosengeldes für Langzeitarbeitslose ist das bereits geschehen. Weg von der ungeliebten Agenda 2010 und ihren Erfindern Gerhard Schröder, Franz Müntefering und Wolfgang Clement, heißt die Devise.

Dabei hatte zu Beginn der Wahlperiode Sigmar Gabriel seine Partei noch davor gewarnt, nicht der Versuchung zu erliegen, gleichermaßen Regierung und Opposition sein zu wollen. Schließlich könne man am Kabinettstisch nicht mit Angela Merkel harmonieren, um dann im Wahlkampf zu opponieren. Jetzt glaubt die SPD, kein Problem mehr mit ihrer Glaubwürdigkeit zu haben. Schließlich ist der für soziale Gerechtigkeit eintretende Schulz außerparlamentarische Opposition. Eine Rolle, die er kraftvoll ausfüllt, egal was seine Genossen in Regierungsverantwortung machen. Die Union mit Kanzlerin Merkel und Generalsekretär Tauber, um den es mehr als still geworden ist, hat noch keine Gegenstrategie entwickeln können. Ursprünglich glaubte man, es sei für den „Außenseiter“ Schulz ein Nachteil, dass er im Bundestag oder Bundesrat keine Bühne zur Profilierung hat. Nun merkt man, dass man auch mit Parteiinszenierungen Aufmerksamkeit erreichen kann. Deswegen wollen die Unionsparteien nun eine „Agenda 2025“ entwerfen und die Deutungshoheit über die politische Zukunft des Landes zurückgewinnen.

Altes Vokabular für neuen Wahlkampf

Dass Schulz in seinem Kampf gegen die von ihm einst mit befürwortete Agenda 2010 sogar in das Vokabular von Oskar Lafontaine verfällt, stellte jetzt der Historiker Gregor Schöllgen, Verfasser einer Schröder-Biografie, fest. Das mache ihn „sprachlos“, vertraut er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung an. Schröder selbst kommentiert die Wahlkampf-Semantik des ehemaligen Europaparlaments-Präsidenten, der sich gerade mit Filzvorwürfen aus seiner früheren Funktion herumschlagen muss, nicht. Seine alte Liebe, der Fußball, hat ihm einen neuen Job eingebracht. Er wurde Aufsichtsratsvorsitzender von Hannover 96, dem Ex-Bundesligisten, der ins Oberhaus zurückstrebt. Vielleicht schon bald mit einem neuen Cheftrainer. Dazu braucht man keinen Parteitagsbeschluss.

Werbung für die Betriebsrente

Der Bundestag beschäftigte sich letzte Woche in erster Lesung mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz. Ministerin Nahles warb für „mehr Betriebsrenten als wichtigste und kostengünstigste Zusatzversorgung im Alter“. Es gehe vor allem um die weitere Verbreitung der Betriebsrenten in kleinen Unternehmen und in Branchen mit nur gering verdienenden Beschäftigten. Hier werde der Aufbau einer betrieblichen Altersvorsorge oft gescheut, vor allem das Haftungsrisiko. Um mehr Betriebsrenten zu erreichen, soll es den Tarifpartnern ermöglicht werden, Tarifverträge zu schließen, in denen Betriebsrenten vereinbart werden ohne Haftung der Arbeitgeber für die späteren Renten, sogenannte reine Beitragszusagen. Die Vertreter der Koalitionsparteien lobten das Gesetz, mahnten aber noch Nachbesserungen an. CDU-Sozialexperte Peter Weiss nannte als Ziel, möglichst alle Arbeitnehmer in die bAV als wichtige zweite Säule der Altersvorsorge einzubinden. Die SPD-Sozialexpertin Carola Reimann will Arbeitgeber auch außerhalb des Tarifpartnermodells verpflichten, Beiträge für eine Betriebsrente zu entrichten, zumal Arbeitgeber bei der Entgeltumwandlung Sozialabgaben sparen.